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DAS STÄNDIGE LEBEN MIT DER ANGST

Das Gehirn ist ein sehr komplexes Organ. Es übernimmt im Körper unzählige Funktionen, wobei es aber erst einmal viele emotionale Reaktionen nach und nach erlernen muss. So fungiert es beispielsweise auch als eine Art Türsteher – zumindest was das Er- beziehungsweise Verlernen von Furcht anbelangt. Hierbei kommt es vor allem darauf an, wie die Sinnesreize, die auf das Gehirn einwirken, beschaffen sind. Denn erst sie entscheiden mit, ob unser Gehirn diese als positiv oder negativ empfindet und so ein entsprechendes Feedback zurückgibt.

Das Gehirn – Lernen durch Konditionierung

Emotionale Reaktionen lernt das Gehirn zu steuern, was mittels klassischer oder operanter Konditionierung erfolgt. Bei der klassischen Konditionierung beispielsweise hat unser Körper keinen wirklichen Einfluss darauf hat, wie er reagiert. Grund dafür ist, dass er neutrale Reize mit einem ihm bekannten Stimulus verbindet. Schon nach einer gewissen Zeit genügt es bereits aus, mit diesem Reiz konfrontiert zu werden, um die entsprechend konditionierte Reaktion zu erzeugen. Bei der operanten Konditionierung hingegen wird eine Reaktion mittels positiver oder negativer Bestärkung erlernt.

Bei einem Hund beispielsweise wird positives Verhalten mit einem Leckerchen belohnt, negatives Verhalten hingegen ignoriert beziehungsweise gemaßregelt. Schon bald lernt das Gehirn, was richtig und was falsch ist. So ist bei Tieren bereits vieles instinktiv geregelt, weshalb diese evolutionär bedingt bei diversen Reizen unbewusst reagieren. Aber auch beim Menschen ist dies nicht anders.

Die Angst vor der Furcht

Nun gibt es aber auch Menschen, deren Furcht sie enorm belastet, ja sogar zu Schweißausbrüchen und regelrechten Panikattacken führt. Häufig leiden diese Menschen unter einer posttraumatischen Belastungsstörung oder einer anderen Form der Angststörung.

Gerade einmal ein kleiner Teil unseres Gehirns, genauer das Corpus amygdaloideum, einem Kerngebiet im medialen Teil des limbischen Systems, ist dafür zuständig, Sinneseindrücke emotional zu bewerten. In diesem Corpus amygdaloideum sitzt letztlich auch unser Furchtgedächtnis – hier wird Furcht erst gelernt. Gelangen nun diverse bestimmte Sinnesreize in diesen Bereich, so regt dies exzitatorische Neuronen an, die schließlich einen Impuls zurücksenden, wodurch die Angstreaktion auch in andere Teile des Gehirns weitergesendet wird. Sobald ein solcher Vorgang häufiger geschieht, werden dadurch die Neuronenverbindungen verstärkt und damit auch die Erregbarkeit.

mpITCs – Türsteher im Gehirn

Wissenschaftler aus Tübingen haben nun bestimmte Nervenzellcluster untersucht, welche an der Basolateralen Amygdala angelagert sind. Hierbei handelt es sich um medial-paracapsulare intercalierte Zellen, kurz mpITCs. Dadurch war es ihnen möglich nachzuweisen, dass die mpITCs durchaus in der Lage sind, Sinnesreize unvermittelt zu empfangen – ohne Umweg über die Basolaterale Amygdala. Anschließend wird ein inhibitorischer Impuls an die exzitatorischen Zellen innerhalb der Basolateralen Amygdala sowie auch an die Zentrale Amygdala. Dabei kommt es vor allem auf die Beschaffenheit der Sinnesreize an. Denn sie beeinflusst, ob ein Reiz positiv oder negativ gewertet wird und wie wir schließlich darauf reagieren.

Nun wird es für Angstpatienten kein Patentrezept geben, welches man nun anwenden kann, damit sie ihre Furcht neu lernen können. Doch die aktuellen Erkenntnisse sind, so die Wissenschaftler, bereits eine solide Basis für weitere Untersuchungen.

Quelle: http://news.doccheck.com/de/84735/angststoerungen-mpitcs-als-tuersteher-der-furcht/